Tiefgründung von Windkraftanlagen

Windkraftanlagen werden im Regelfall in geografischen Lagen errichtet, die besonders windexponiert sind. Im Unterschied zu anderen Bauwerken ist es oft nicht möglich, die Gegebenheiten des Untergrundes bei der Wahl des Anlagenstandortes zu berücksichtigen. Wegen der starken Belastung durch Windturbulenzen, das hohe Eigengewicht und Umwelteinflüsse ist ein standfestes und sicheres Fundament der Windkraftanlage erforderlich: Pfahlgründungen als spezielle Form der Tiefgründung sind dafür das Mittel der Wahl.

Tiefgründung von Windkraftanlagen

Fester und sicherer Stand für Windkraftanlagen dank Pfahlgründung

Der Baugrund weist am vorgesehenen Errichtungsstandort einer Windkraftanlage oft geringe Tragfähigkeit auf. Mitunter hat der Boden eine hohe Setzungsempfindlichkeit oder der Aufbau des Untergrundes ist heterogen und lässt räumlich unterschiedliches Setzungsverhalten erwarten. In all diesen Fällen ist es nicht möglich, eine Flachgründung wie beispielsweise ein Streifen- oder Plattenfundament durchzuführen. Die Statik wäre unzureichend und die Sicherheit nicht gewährleistet.

Der Spezialtiefbau macht es in Form einer Tiefgründung dennoch möglich, die geplanten Windkraftanlagen zu errichten. Mithilfe einer Pfahlgründung werden die Bauwerkslasten auf eine tieferliegende und tragfähige Bodenschicht übertragen und sichere Standfestigkeit gewährleistet.

Das Fundament einer Windkraftanlage muss eine große Masse tragen, die auf eine relativ kleine Fläche verteilt ist und große Druckkräfte aufnehmen kann. Die Pfahlgründung bildet die Verankerung der Anlage im Erdreich bei unzureichender Standfestigkeit nahe dem Untergrund. Die Dimensionierung der Pfahlgründung ist abhängig von den meteorologischen und betrieblichen Belastungen, der Größe der Anlage und der örtlichen Beschaffenheit des Untergrundes.

Bei einer Tiefgründung kann der Materialverbrauch von Beton und Stahl in Abhängigkeit von der Bodenbeschaffenheit deutlich geringer ausfallen als bei einer Gründung mit flach ausgeführten Fundamenten. Die Tiefgründung kann damit nicht nur die Standsicherheit gewährleisten, sondern auch Kosten sparen und die wirtschaftlichste Form des Bauens darstellen.

Fundamente für Offshore- und Onshore-Anlagen

Onshore- und Offshore-Anlagen weisen technisch und wirtschaftlich gesehen bei Fundament und Netzanbindung die größten Unterschiede auf. Offshore-Fundamente bestehen in der Regel aus Beton sowie Stahlpfeilern oder Strukturen mit mehreren Beinen und werden durch eine Pfahlgründung im Meeresboden verankert. Offshore-Windkraftanlagen sind durch besonders hohe Windgeschwindigkeiten hohen Kräften ausgesetzt. Die Verankerung der Anlage im Meeresboden muss daher hohen Belastungen standhalten. Wassertiefe, die Beschaffenheit des Meeresbodens, Strömung, Wellenhöhe und das Gefahrenpotenzial von Vereisungen oder Treibeis beeinflussen die Wahl der Bauform sowie der Tiefgründung.

Bei Anlagen auf dem Festland kann bei weichem Untergrund keine Flachgründung erfolgen. Ist der Turm einer Onshore-Anlage nicht abgespannt, so müssen auch die Querkräfte der Anlage aufgenommen werden. Tiefgründungen in Form von Pfahlgründungen sind erforderlich, um die notwendige Standfestigkeit zu erreichen. Übliche Grundformen bei den Onshore-Anlagen sind achteckig, kreis- oder kreuzförmig.

Die Tiefgründung von Onshore- und Offshore-Anlagen ist Unternehmen, die auf Spezialtiefbau spezialisiert sind, vorbehalten. Spezifisches Know-how, Geräte und Konzessionierungen sind für die Ausführung der Arbeiten erforderlich.

Pfahlsysteme für die Tiefgründung von Windkraftanlagen im Überblick

Erfolgt die Gründung von Windkraftanlagen in der Form einer Pfahlgründung, dann handelt es sich meist um Rammpfähle, die entweder als Fertigteilpfähle oder Ortbetonrammpfähle ausgeführt sind. Mittlerweile stehen in ganz Europa viele Tausend Onshore-Anlagen auf Stahlbetonfertigpfählen bzw. Stahlrohrpfählen, ein großer Teil davon in Deutschland.

Typische Pfahlsysteme, die beim Grundbau für Windkraftanlagen in Abhängigkeit bestimmter Kriterien verwendet werden, sind:

  • Centrum Pfahl: Das Pfahlsystem gehört zur Gruppe der Verdrängungspfähle. Es handelt sich um Fertigrammpfähle aus Stahlbeton. Der Centrum Pfahl ist durch einen hohen Automatisierungsgrad bei der Produktion gekennzeichnet, was eine präzise, maßhaltige und exakte Herstellung garantiert.
  • Ortbetonrammpfahl: Man unterscheidet Pfahlsysteme mit Innenrohrrammung, wie beispielsweise der Franki Pfahl, sowie mit Kopframmung, wie der Simplex Pfahl. Bei Ortbetonpfählen wird der Beton vor Ort eingebracht, um den Pfahl herzustellen.

Die Herstellung des Pfahls erfolgt durch Rammen. Dabei wird ein sogenannter Hydraulikbär, der ein Fallgewicht von 6 bis 9 Tonnen hat, eingesetzt. Der Boden wird beim Vorgang vollkommen im Erdreich verdrängt, daher auch die Bezeichnung als Vollverdrängungspfahl. Die Verdrängung führt zu einer Verdichtung des Bodens. In den Verdichtungszonen entsteht Spitzendruck und Mantelreibung. Daraus resultiert die Pfahltragfähigkeit.

Durch die Kopplung mehrerer Pfahlelemente ist es möglich, sehr große Gründungstiefen zu erreichen. Beispielsweise sind so für einen Centrum Pfahl Gründungstiefen von mehr als 40 Meter realisierbar. Dank der guten Handhabbarkeit der einzelnen Pfahlelemente ist die Wirtschaftlichkeit der genannten Pfahlsysteme aus logistischer Sicht sehr gut.

Kriterien für die Systemauswahl

Preis, Zeit und Qualität der Projektumsetzung im Sinne von Baustoffen, gewählter Geotechnik, Logistik und Ausführung beeinflussen einander stark. Daher sollte die Projektierung im Spezialtiefbau unter Berücksichtigung aller Faktoren und Beteiligten erfolgen. So können beispielsweise die aus dem Baugrundgutachten abgeleiteten Anforderungen und jene der Logistik deutlich voneinander abweichen.

Die Praxis zeigt: Mitunter erfolgen in Baugrundachten konservative Annahmen zur Minimierung etwaiger Risiken und wegen vorliegender Bedenken, was etwa das Setzungsverhalten im bindigen Boden betrifft. Ist es möglich, durch ein Testprogramm Pfahllängen und Pfahlanzahl im Vergleich zur ursprünglichen konservativen Annahme zu optimieren, können erhebliche Kosteneinsparungen realisiert werden. Maßnahmen dieser Art erfordern Spezialisten mit einer entsprechenden Expertise und Erfahrung.

Baustoffe und Geotechnik

Im Bereich der gewählten Baustoffe und der Geotechnik beeinflussen unter anderem Pfahldimension sowie Pfahlgeometrie, Pfahlanordnung und Pfahlmaterial die Projektierung. Schließlich ist die Pfahllänge von großer Wichtigkeit. Sie wird durch die erforderliche Tragfähigkeit des Pfahles sowie die Lasten, die über Spitzendruck und Mantelreibung abgetragen werden müssen, bestimmt. Auf Basis der Verhältnisse von Baustelle und Baugrund erfolgt zusätzlich die Wahl der richtigen Geräte. Spezielle Anforderungen wie Weichschichten oder Grundwasser müssen ebenso bei der Projektierung berücksichtigt werden.

Pfahlstatik

Essenziell für das gesamte Projekt ist die richtige Bemessung der Pfahlgründung zur Gewährleistung der erforderlichen Pfahlstatik. Dazu ist es notwendig, die charakteristischen Pfahllasten einschließlich der Extremlasten sowie die Bemessungswerte der Pfahllasten und die Pfahltragfähigkeit zu ermitteln. Ergänzend erfolgt der Nachweis von Zuglasten für spezifische Lastfälle sowie die Durchführung weiterer statischer und dynamischer Lastfälle.

Logistik

Im Bereich der Logistik gehen weitere Aspekte in die Projektierung ein. Beschränkungen der Achslast am Anfahrtsweg sowie die Straßenführung selbst müssen Berücksichtigung finden. Sämtliche Transporte benötigen eine Terminplanung und gegebenenfalls eine Genehmigung. Neben der Baustelleneinrichtung ist es notwendig, den Aufbau der Rammebene, den Lagerflächenbedarf sowie den gesamthaften Flächenbedarf zu bestimmen. Letzterer ist abhängig vom eingesetzten Gerät und vom ausgewählten Pfahlsystem.

Herstellung

Die Herstellung der Tiefgründung selbst als Aufgabe im Spezialtiefbau ist komplex. Es ist notwendig, sämtliche Witterungseinflüsse einschließlich der Temperatur zu berücksichtigen. Bei Anlieferung muss der ordnungsgemäße Zustand der Pfähle und von Frischbeton rasch und zuverlässig bei der Annahmeprüfung verifiziert werden. Großes Gerät wie beispielsweise ein Tieflader kann Behinderungen verursachen, was ebenso beachtet werden muss. Die Einmessung und Sicherung der Pfahlansatzpunkte sind erforderlich. Die gesamte Einbauabfolge einschließlich der Probebelastung und Integritätsprüfung muss geplant und die lückenlose Dokumentation der Ausführung einschließlich Einbauprotokollen, Aufmaßen etc. muss gewährleistet werden.